Zu dieser Zeit hatte der Feudalismus seinen Höhepunkt erreicht. Der Ritterstand etablierte sich als die besitzende Klasse. Die Ritter (das Rittertum) wollen keine Bevormundung durch die Kirche mehr hinnehmen. Sie vertraten ihre eigene Ideologie und hatten ihre eigene damit verbundene Auffassung von Literatur. Diese Epoche ist durch den Machtkampf zwischen der Kirche und den weltlichen Feudalherren gekennzeichnet.
Im Jahre 910 war in Clyny ein Kloster gegründet worden, von dem eine Reformbewegung ausging, die bald ganz Deutschland erfasste. Diese Reform sollte die Kirche, die sich in einer starken Kriese befand, auf den christlichen Weg bringen. In den Klöstern sollten wieder Disziplin und strenge Sitten Einzug halten.
Die Literatur, die aus der Reformbewegung hervorging, stellte sich ganz in den Dienst der Kirche. Seitens der Ritter entwickelte sich eine Gegenströmung. Als Besitzer von Land wurde ein Ritter als Teil des Adels angesehen. Die Ritter waren die Stütze der Gesellschaft. Sie hatten ihre eigenen Vorstellungen über Sitten und Moral und förderten ihre eigene Literatur, die die weltliche Ideologie verbreiten sollte. Sie stand ganz im Zeichen der herrschenden Klasse und beachtete kaum andere Volksschichten. Die feudalhöfische Dichtung besang das Rittertum immer noch, als es schon am Absterben war, sogar dann, nachdem der Ritterstand seine fortschriftliche Funktion eingebüsst hatte.
Die ritterlichen Ideale: Ehre, Treue, Gerechtigkeit – bedeuteten nichts mehr. Als die Ritterdichtung in voller Blüte stand, zerfiel das Deutsche Reich in viele kleinere Einzelstaaten. Die politische Aufgabe jener Zeit bestand darin, die Kleinstaaterei zu überwinden und ein einheitliches deutsches Reich zu schaffen.
Ein deutsches Reich könnte im Machtkampf mit der römischen Kirche Oberhand gewinnen. Die Ritterdichtung befasste sich in ihren Werken nicht mit diesem Problem. 12 Dichter jener Zeit fallen dadurch auf, weil sie in ihren Werken der Wunsch nach einem deutschen Reich artikulierten: Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Walter von der Vogelweide u.a.
Als wichtigste literarische Gattung galt der höfische Roman in Form der Versdichtung. Diese literarischen Werke wurden im Auftrag eines Feudalherrn für das Publikum geschrieben, welches am Hofe lebte. Deshalb musste der Stil eines solchen Werks höfisch sein. Der höfische Roman wurde im regelmäßigen Rhythmus und in reinem Reim geschrieben. Im höfischen Roman wurden zwei Sagenstrophen besonders populär, die Sage vom keltischen Helden Tristan und vom englischen König Arthur. Die Welt des Königs Arthur wurde idealisiert dargestellt und hatte mit der Realität nichts gemein. Arthur ist ein vorbildlicher Feudalherr, der nur die tapfersten und berühmtesten Ritter in seine Tafelrunde aufnimmt. Diese Ritter müssen alle Regeln der Moral streng einhalten. Wer die Gesetze verletzt, wird aus der Tafelrunde ausgeschlossen und muss Tapferkeitsproben bestehen bis seine ritterliche Ehre wiederhergestellt ist. Mit neuem Ruhm und einer schönen Frau kehrt er an den Hof zurück, wo ihm zu Ehren ein großes Fest stattfindet.
Alle Romane, denen die Arthursage zugrunde liegt, haben den gleichen Aufbau und den gleichen Handlungsverlauf. Der Hauptinhalt dieser höfischen Romane sind Abenteuer, Minne und Festfreuden. Der höfische Roman erinnert an ein Märchen, in dem immer das Gute (hier der Ritter) das Böse besiegt. Zur Zeit des Feudalismus entwickelte sich der Minnesang, die vertonte Liebeslyrik.
Später wurden die Sagen um König Artus mit anderen keltischen Sagen (u. a. der Sage vom Heiligen Gral) verknüpft und entwickelten sich von einem Lebensbericht einer möglicherweise im Kern historischen Figur endgültig zu einer Sammlung von Heldentaten und zur Beschreibung eines idealen mittelalterlichen Königs, wie ihn sich viele wünschten. Was Minnesang betrifft, ist das eine Form von gesungener Poesie, die an den Höfen des Adels im deutschen Sprachraum im Mittelalter aufgeführt wurde. Im Minnesang wird öffentlich, also vor Publikum, nach bestimmten Regeln über die Liebe geredet, meist wird eine adlige Frau verehrt, ihre hervorragenden Eigenschaften gelobt und um ihre Zuneigung gebeten. Die im Minnesang auftretenden Figuren sind Adlige. Das Besondere an dieser Poesie sind die ausgefeilten Reime, die komplexe Bildersprache und der durchdachte Aufbau. Minnesang war eine Kunst der hochstehenden Gesellschaft. Minnesang war also nicht wirklich dazu gedacht, das Herz einer Frau zu erweichen und ihre Liebe zu gewinnen.
Hartmann von Aue. In Mittelpunkt seines Schaffens steht zwischen
180–1185 entstandener höfische Roman “Eric”. Eric war ein Ritter der Arthurs Tafelrunde. Eric gelingt es nicht, das richtige Maß zwischen Kriegsabenteuer und der Liebe zu finden.
Sein Roman “Iwein” behandelt ein ähnliches Problem.
Der Roman “Der arme Heinrich” ist ein Vorbild dafür, dass ein guter Ritter auch die Religion nicht vernachlässigen darf. Heinrich denkt nur an weltliche Dinge und wird dafür von Gott mit einer Krankheit bestraft. Nur das Blut eines jungen Mädchens kann ihn heilen, er nimmt dieses Mädchen zur Frau und beide erfüllen nun weltliche und religiöse Pflichten.
Wolfram von Eschenbach schrieb das bekannte Werk “Parzifal” (1200–1210). Parzifal ist der Sohn des Königs, der in der Schlacht gefallen ist. Da die Mutter nicht will, dass ihr Sohn das Schicksal des Vaters wiederholt, geht sie mit ihm in eine Einöde. Er soll von Rittern, Abenteuern und Minne nichts wissen. Er lernt einen Ritter kennen, der ihm die gesellschaftlichen Regeln erklärt, und Parzifal wird in König Arthurs Tafelrunde aufgenommen. Gegen Ende seines Lebens wird Parzifal König aller Gralsritter.
Gottfried von Straßburg schrieb im 1210 das große Minneepos “Tristan und Isolde”. Mit seinem Epos wollte Gottfried sagen, dass die Liebe ungeachtet der gesellschaftlichen Mißbilligung ein Existenzrecht habe, und dass dieses Gefühl über den Tod hinaus erhalten bleibt. Als Symbol dafür beschreibt er zwei zusammenwachsende Reben. Nach Gottfried kennt die Liebe keine gesellschaftlichen Schranken. Straßburg ist Stadtbürger und unternimmt mit “Tristan und Isolde” den Versuch, die höfisch-ritterliche Ideologie zu überwinden und an der feudalistischen Gegenwart Kritik zu üben.
Zur Zeit der weiten Verbreitung des höfischen Romans entstand eine andere literarische Gattung, das Epos, welches an die germanischen Heldenlieder anknüpfte.
Angeblich im Jahre 1204 entstand das “Nibelungenlied”, das sich außerordentlicher Beliebtheit erfreute. Goethe sagte, dass die Kenntnis dieses Liedes das Bildungsniveau der Nation bestimmte. Während des Befreiungskrieges 1813 gegen Napoleon wurde das “Nibelungenlied” zum deutschen Nationalepos, dass von einem unbekannten Dichter verfasst worden war.
Die burgundische Königstochter Kriemhild verliert ihren Mann Siegfried, der heimtückisch ermordet wurde. Als Frau des Hunnenkönigs Attila beginnt Kriemhild, sich für den Tod von Siegfried zu rächen. Das “Nibelungenlied” ist in 2 Teile aufgeteilt. Im 1. Teil werden die Taten und der Tod von Siegfried und im 2. Teil die Rache Kriemhilds beschrieben.
Walther von der Vogelweide (1170) kam als Sohn eines österreichischen Adligen zur Welt. In den 90er Jahren kam er an den Hof des Herzogs von Wien. Zu jener Zeit lebte Reimar von Hagenau, führender Dichter der Minnelyrik, am Hofe. Walther von der Vogelweide wurde zu seinem Schüler. 1198 verließ Walther von der Vogelweide als bereits bekannter Lyriker den Hof und wurde zum Wanderritter und Sänger. In seinen Werken als wandernder Sänger reflektierten sich die gesellschaftlichen Prioritäten. Durch ihn wurde die Spruchdichtung berühmt, die zuvor nur in der lateinischen Literatur existierte. In seinen “Reichsprüchen” behandelte er die aktuelle Frage des Kampfes zwischen dem Kaisertum und dem Paps. In späteren Liedern beklagte er den Verfall des Rittertums. In seiner Minnedichtung besang er nicht nur adlige Frauen, sondern jede Frau. In seiner Liebeslyrik erscheint die Gestalt des einfachen Mädchens.
Wernher der Gärtner schrieb im 13. Jhd. den Roman “Meier Helmbrecht”. Im Mittelpunkt dieses Romans steht ein junger Bauer, dessen Vater ziemlich wohlhabend ist. Dieser junge Mann möchte Ritter werden, kommt aber in den Dienst eines Raubritters und beginnt, seinen eigenen Stand, die Bauern, zu berauben. Der Zweck dieses Werkes ist die Schilderung des Zerfalls der Feudalgesellschaft, wo die Bauern Ritter werden wollen und die Ritter zu Raubrittern herabsinken. Dieser Roman wird vom Dichter wie ein Märchen gestaltet. In erster Linie kritisiert er die Bauern, die ihren Stand verlassen wollen. Ebenfalls kritisiert er die herrschende Klasse, die zerfällt und moralisch ausartet.
Fragen und Aufgaben zum Thema:
1. Welche Periode gab es in der Geschichte Deutschlands?
2. Worüber ist die Literatur der Reformationsbewegung?
3. Was bedeutet das Rittertum?
4. Welche Rolle spielen die Ritter in Deutschland und in der Literatur?
5. Beschreiben Sie die ritterlichen Ideale.
6. Welche Gattung war am wichtigsten in dieser Periode?
7. Erzählen Sie über die Vertreter dieser Periode und über ihr Schaffen.
Aufgaben zum Seminar:
1. Ritterliche Poesie der Periode des entwickelten Feudalismus.
2. Der Ritterroman: der Kult der Liebe – die Anbetung, die Gestalt der Dame – Frau, die idealisierte Gestalt des edlen Ritters.
3. Aue und seine Erzählung in den Gedichten «Arme Heinrich».
4. Eschenbach und sein Roman “Parzival”.
5. Die Verherrlichung der Liebe, die Menschenrechte auf dem Glück in der Geschichte “Tristan und die Isolde”.
6. G. von Straßburg “Minnesang” und seine nationale Originalität.
7. Vogelweide: die Rolle des Volksliedes in der Bildung seiner poetischen Manier.
Die Literatur:
1. M. D. Stössel, Geschichte der deutschen Literatur.
2. E. A. Messerle, Deutsche Literatur, Teil 1.